Denn was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt,

aber sein Leben verliert? 

 Matthäus 16,26 

Die Welt gewinnen, das klingt sehr verlockend. Aber wie könnte das denn gehen, die Welt gewinnen? Was nimmt der Mensch da in den Blick? Was ist das Ziel seines Strebens? Gewinn von Besitz, von Ansehen, mehr Zustimmung durch andere Menschen, schnelles Erreichen von Karrierezielen? Oder möglichst viele verschiedene Länder bereisen, Erfüllung persönlicher Wünsche und Ziele, Optimierung des eigenen Körpers, Höchstzahl an Facebookfreunden und immer mehr Follower in den sozialen Medien?  

Immer mehr – immer besser – immer weiter. Darin kann der Mensch sich selbst verlieren und folgt so bald nicht mehr den eigenen Zielen, sondern findet sich wieder als ein Getriebener. Was auch immer das sein könnte, die Welt zu gewinnen, Jesus warnt vor Seelenschaden durch Weltgewinn. Es gilt zu überprüfen, was der Mensch in den Fokus seines Strebens stellt. Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu sind aufgefordert, die Perspektive zu ändern. Was ist es wirklich wert, dass ich mein Streben, meine Sehnsucht darauf richte? Was will ich gewinnen und würde mir das guttun?
Über das, was der Mensch im Außen gewinnen kann, vergisst er oft den Blick nach innen zu richten. Jesus fordert auf, die eigene Seele nicht zu vergessen. Beschädigte Seelen durch Weltgewinn. Seelsorgerinnen und Seelsorger kennen solche Seelenschäden: Burnout – Einsamkeit – Überforderung – Konsumsucht – Sucht nach Selbstoptimierung und die kleinen Schwestern davon: Unzufriedenheit und Langeweile.

Wer ein Ziel in den Blick nimmt muss lernen, an den richtigen Stellen „Ja“ und „Nein“ zu sagen. Wer „Ja“ sagt zum Reich Gottes muss an anderen Stellen „Nein“ sagen zu dem eigenen Wunsch der Ich-Ausdehnung. Wie einer, der eine Perle findet und alles verkauft, um diese eine kostbare Perle zu erwerben. „Ja“ und „Nein“ sagen kann uns vor dem „zu viel“ schützen, auf das unsere Zeit einen Anspruch erhebt. Wer „Ja“ sagt zur Nachfolge Jesu muss „Nein“ sagen zur Verlockung des Weltgewinns, muss sich selbst mäßigen, ein gutes Maß finden für ein neues Verhältnis zu den alltäglichen Herausforderungen. Jesu Worte laden ein zur rechten Verhältnis-mäßigkeit, zu einer Mäßigung, um das rechte Verhältnis zur Welt und zur Seele zu finden. In diesem Sinne schützt die Nachfolge Jesu vor einem Schaden an der eigenen Seele: Seele heil statt Seelenschaden. Jesus fordert uns auf, die Perspektive zu ändern und ihm nachzufolgen. Eine Nachfolge, die dann in mancher Hinsicht Verlust bedeuten kann. Letztlich ist dieser Verlust im Horizont des Reiches Gottes aber ein Gewinn.

Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir. Denn wer sein Leben erhalten will, der wird's verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden. Matthäus 16, 24+25

Prof. Dr. Andrea Klimt
Professorin für Praktische Theologie

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